Pogacar erwartet formstarken Vingegaard bei der Tour

Tadej Pogacar rechnet bei der nahenden Tour de France mit einem starken Jonas Vingegaard.  „Er konnte nach der Entlassung aus dem Krankenhaus recht schnell wieder Rad fahren“, sagte der slowenische Topstar im Podcast „Watts Occurring“ von Geraint Thomas und Luke Rowe über seinen Kontrahenten: „Wenn er sich wieder wohl auf dem Rad fühlt, denke ich, dass er in guter Verfassung starten kann.“

Vingegaard, der die Tour 2022 und 2023 jeweils vor Pogacar gewonnen hat, war bei der Baskenland-Rundfahrt im April schwer gestürzt und hatte dabei Knochenbrüche sowie eine Lungenquetschung erlitten.  Erst Anfang Mai konnte der 27 Jahre alte Titelverteidiger wieder aufs Rad steigen, eine Teilnahme an der Tour ist weiter offen.

„Er muss sein Renngewicht erreichen, aber ich glaube nicht, dass das ein Problem darstellt“, sagte Pogacar, der in diesem Jahr das Giro/Tour-Double anpeilt, weiter.  Neben Vingegaard sieht Pogacar vom Team UAE Emirates auch in Primoz Roglic (Bora-hansgrohe) und Zeitfahrweltmeister Remco Evenepoel (Soudal-Quick Step) große Konkurrenz um den Gesamtsieg.

Beide bereiten sich beim traditionellen Härtetest Criterium du Dauphine auf die Frankreich-Rundfahrt (ab 29.  Juni) vor, während Pogacar seit dieser Woche im Höhentrainingslager in Isola 2000 schuftet.  Ein Rennen fährt der 25-Jährige nach seinem triumphalen Giro-Sieg vor der Grand Boucle nicht mehr.

In Frankreich kann Pogacar diesmal auf ein starkes Team setzen, zu dem auch der Kölner Nils Politt gehören wird.  „(Adam) Yates ist meine rechte Hand, (Juan) Ayuso und (Joao) Almeida werden Edelhelfer in den Bergen sein.  (Marc) Soler und (Pavel) Sivakov sind die großen Jungs für die Berge, die auch im Flachen etwas drauf haben.  Und dann gibt es noch (Tim) Wellens und Politt“, erklärte Pogacar.

Angesichts seiner hochkarätigen Helfer ergänzte der zweimalige Tour-Sieger lachend: „Es macht mir selbst ein bisschen Angst.“

Vingegaard-Lehrstunde macht Pogacar „ratlos“

Tour-Leader Jonas Vingegaard hat im Einzelzeitfahren der Tour de France seinem ärgsten Rivalen Tadej Pogacar eine Lehrstunde erteilt. Der Däne sorgte mit seinem imposanten Ritt hinauf nach Combloux für eine Vorentscheidung, Pogacar suchte anschließend nach Erklärungen.

Das Ergebnis war dann doch überraschend deutlich. Vingegaard fuhr einen Vorsprung von 1:36 Minuten heraus und verzehnfachte damit auf einen Schlag seinen Vorsprung. Davor betrug der Abstand zwischen den beiden Radsport-Giganten lediglich zehn Sekunden.

Der Mann im Gelben Trikot staunte selbst über seinen Antritt. „Das war sicher einer meiner besten Tage auf dem Rad jemals. Die ganze harte Arbeit hat sich heute ausgezahlt“, sagte der Jumbo-Visma-Fahrer. „Ich habe zwischenzeitlich an meinem Powermeter gezweifelt, ob die Werte nicht zu hoch sind.“

Gezweifelt hat auch sein Kontrahent Pogacar. Er sei schlichtweg „ratlos“, gestand der Slowene im Ziel. „Ich hätte heute nicht mehr machen können. Vielleicht war es aber auch nur nicht mein bester Tag.“ Gleichzeitig betonte er, dass es noch nicht vorbei sei. „Aber ich brauche etwas Zeit, um das zu verdauen.“

Von einer Entscheidung will das Vingegaard-Lager aber partout nichts wissen. „Tadej Pogacar ist wie die Deutschen – den hast du erst besiegt, wenn er im Bus nach Hause sitzt. Wenn er von Paris aus im Bus nach Slowenien fährt, dann sind wir sicher“, sagte Teamchef Richard Plugge mit einem interessanten Vergleich zu den deutschen Fußballern.

Für Diskussionen beim Bergzeitfahren hatte der Radwechsel von Pogacar vor dem finalen Anstieg gesorgt. Der UAE-Team-Emirates-Mann bereute die Entscheidung nicht. „Der Radwechsel war für mich eine gute Wahl, weil ich einfach besser auf dem Rennrad sitze und mich da besser fühle. Es hat nur ein paar Sekunden ausgemacht und am Ende sicher nicht den ganz großen Unterschied.“ Womit Pogacar einen Punkt hat, denn auch ohne Wechsel hätte er reichlich Zeit auf Vingegaard verloren. Er habe im Finale einfach nicht „All-out“ gehen können.

Die wohl letzte Chance auf einen Angriff aufs Gelbe Trikot hat der zweimalige Toursieger an diesem Mittwoch. Die Königsetappe der diesjährigen Tour führt über den 2304 Meter hohen Col de la Loze, das Dach der Rundfahrt, und bietet einige Möglichkeiten für neue Pogacar-Attacken.