Sieg bei Paris-Roubaix? So denkt Politt vor dem Rad-Klassiker

Nils Politt schrammte bei Paris-Roubaix einst selbst nur hauchdünn am Sieg vorbei. Diesmal stellt er sich in den Dienst von Topstar Tadej Pogacar, der seinem großen Traum hinterherjagt.

Sechs Jahre ist es her, da war Nils Politt ganz nah dran am Triumph bei der Königin der Klassiker. 14 Kilometer vor dem Ziel von Paris-Roubaix fasste sich der Hüne mit den starken Beinen ein Herz, attackierte die großen Namen des Radsports und rauschte auf dem staubigen Kopfsteinpflaster von Nordfrankreich fast allen davon. Lediglich der Belgier Philippe Gilbert konnte folgen – und schnappte Politt den größten Titel seiner Karriere im Sprint vor der Nase weg.

Seither hat er an seiner Zähigkeit bei den langen Eintagesrennen nichts eingebüßt, die Bilder von damals aber werden sich am Sonntag (ab 11:10 Uhr/Eurosport) wohl trotzdem nicht wiederholen.

Im Team UAE Emirates-XRG, für das der 31 Jahre alte Kölner seit der vergangenen Saison fährt, hat Politt eine andere Rolle. Als menschgewordene Lokomotive soll er den größten Star des Radsports bei seinem Angriff auf den Klassiker-Thron unterstützen: Tadej Pogacar.

„Wir sind eine Mannschaft und wir wollen als Mannschaft Siege einfahren“, erklärte Politt zuletzt im Gespräch mit dem „Cycling Magazine“. Die eigenen Ambitionen, sie müssen hinten anstehen; weil der Alleskönner Pogacar, der Weltmeister, der dreimalige Sieger der Tour de France, nun auch in der Hölle des Nordens triumphieren will.

„Mir persönlich macht das wirklich überhaupt nichts aus. Wenn man seinen besten Stürmer, wie beim Fußball, bringen kann, dann bringt man den.

Gerade bei den ganz großen Rennen“, erklärte Politt – ganz Teamplayer, wie man ihn kennt. Und doch dürften es die deutschen Radsportfans durchaus nerven, dass ein potenzieller Siegfahrer wie Politt in die Entscheidung kaum eingreifen kann. Zumindest in diesem Jahr.

Ganz aufgegeben hat der Kölner seine eigenen Ambitionen aber noch nicht. „Ich hinke irgendwie immer dem Sieg so ein bisschen hinterher“, sagte er über die Klassiker – „war oft nah dran, aber der letzte Kick hat halt gefehlt“. In den nächsten Jahren, das ließ Politt durchscheinen, erhofft er sich schon noch die ein oder andere Chance.

Politt im Aufgebot für Flandern-Rundfahrt

Als führungsstarker „Bodyguard“ soll der deutsche Radprofi Nils Politt Superstar Tadej Pogacar bei der traditionellen Flandern-Rundfahrt zum Sieg im Gigantenduell mit Mathieu van der Poel verhelfen. Wie das Team UAE Emirates-XRG am Dienstag bekannt gab, steht der Kölner gemeinsam mit dem Slowenen im Aufgebot für das mit Spannung erwartete Eintagesrennen in Belgien am Sonntag.

Beim zweiten von fünf Monumenten des Jahres peilt das Emirates-Team seinen 24. Saisonsieg an – und vor allem einen Triumph seines Kapitäns über van der Poel. Der Niederländer vom Team Alpecin–Deceuninck hatte Pogacar zuletzt in einem hochdramatischen Duell bei Mailand-Sanremo geschlagen. Nun will der Weltmeister die Revanche.

„Wir hatten ein großartiges Rennen und einen guten Kampf zwischen den Rivalen. Ich freue mich darauf, das Ganze am Sonntag noch einmal zu erleben, wenn auch unter anderen Umständen“, sagte der 26-Jährige.

2023 hatte er die Flandern-Rundfahrt erstmals gewonnen. Der Triumph zähle zu den „wichtigsten Siegen“ seiner Karriere, sagte Pogacar: „Die Energie des Rennens und die Leidenschaft für den Radsport in dieser Region sind etwas Besonderes.“ Im vergangenen Jahr siegte van der Poel.

Gerade die erfahrenen Politt und Tim Wellens (Belgien) wird er im harten Rennen am Sonntag auf Kopfsteinpflaster brauchen. Gemeinsam kommen beide auf 15 Teilnahmen in Flandern. Politt wurde im vergangenen Jahr Dritter, bei Paris-Roubaix kam er 2019 als Zweiter ins Ziel. „Das Team ist sehr stark und ich denke, wir können eine wirklich gute Leistung zeigen und versuchen, um den Sieg zu fahren“, sagte der 26-Jährige.

Neben Politt und Wellens stehen auch Jhonatan Narvaez (Ecuador), Mikkel Bjerg (Dänemark), Rui Oliveira und Antonio Morgado (beide Portugal) im Aufgebot des Team Emirates.

Politt und Schachmann mit Außenseiterchancen ins Straßenrennen

Nils Politt hat nach den Strapazen der erfolgreichen Tour de France wieder frische Beine, Maximilian Schachmann ist dem Olympia-Fieber erlegen und voller Vorfreude. Als Zweiergespann mit Außenseiterchancen hoffen die deutschen Radprofis im Straßenrennen der Olympischen Spiele in Paris am Samstag auf eine Überraschung.

„Das Rennen hat einen großen Stellenwert“, sagte Schachmann dem „SID“: „Es hat nicht die Tradition eines jährlich wiederkehrenden Rennens. Aber man ist Olympiasieger, das hat eine Strahlkraft über die einzelne Sportart hinaus.“ Das olympische Straßenrennen sei etwas ganz Besonderes: „Egal, wen man auf der Welt fragt: Mit dem Titel Olympiasieger kann jeder etwas anfangen.“

Favoriten auf dem 272,1 km langen Kurs mit Klassiker-Charakter, der im Finale drei Mal über den Montmartre führt, sind andere. Weltmeister Mathieu van der Poel (Niederlande) träumt von der Goldmedaille.

Zu den größten Rivalen zählen Zeitfahr-Olympiasieger Remco Evenepoel (Belgien) oder Ex-Weltmeister Mads Pedersen (Dänemark). Frankreich hofft auf einen Coup durch Julian Alaphilippe oder Christophe Laporte. Tour-Champion Tadej Pogacar hatte seine Teilnahme abgesagt.

Politt hatte den Slowenen im Juli als Edelhelfer beim Team UAE Emirates zu dessen dritten Triumph im Gelben Trikot verholfen. Nun kann der Kölner wieder eigene Ambitionen verfolgen. „Ich fühle mich ganz gut, habe mich gut erholt“, sagte Politt. Teile des Kurses seien von Paris-Nizza bekannt, „gerade die Strecke außerhalb von Paris. Die Anstiege sind nicht besonders steil, aber nach der Distanz anspruchsvoll.“

Taktisch wird das Rennen mit nur 89 Fahrern über die große Distanz eine Herausforderung für das deutsche Duo. Andere Nationen wie Großbritannien, Frankreich oder Dänemark sind als Quartett stärker aufgestellt.

„Das Rennen ist sehr schwer vorherzusehen. Man muss sich umstellen“, sagte Schachmann, der das Einzelzeitfahren als Neunter beendet hatte: „Wir können das Rennen nicht bestimmen und müssen uns den Gegebenheiten anpassen.“

 

Politts Achterbahnfahrt der Gefühle

Nils Politt verspritzte an der Seite von Mathieu van der Poel glückselig Champagner. Der Kölner Radprofi kostete seinen unverhofften dritten Platz bei der Flandern-Rundfahrt voll aus, die Siegerehrung diente nach einer Achterbahnfahrt der Gefühle als perfekter Ersatz für den zunächst verwehrten Jubel hinter der Ziellinie.

„Ich war schon am Mannschaftsbus und dann kam der Anruf, dass ich Dritter geworden bin. Ich bin super glücklich mit diesem Ergebnis“, sagte der Kölner Radprofi nach seinem starken Auftritt in den flämischen Ardennen. „Es war ein Riesenjubel. Wir haben heute so hart dafür gearbeitet und immer an uns geglaubt. Zuerst war die Frustration groß, aber dann hat sich alles geändert“, ergänzte er gegenüber radsport-news.com.

Zum zweiten Mal stand der Radprofi, der zu dieser Saison vom deutschen Team Bora-hansgrohe zum UAE Team Emirates von Tadej Pogacar gewechselt war, bei einem der fünf Monumente auf dem Podium. Nach seinem zweiten Platz bei Paris-Roubaix 2019 folgte nun nach 270,8 Kilometern zwischen Antwerpen und Oudenaarde in Belgien der erneute Sprung auf ein derart begehrtes Treppchen – auch wenn es zunächst nicht danach ausgesehen hatte.

Politt war beim Sieg des Niederländers Mathieu van der Poel im Zielsprint der Verfolger zunächst als Vierter über die Ziellinie gerollt. Im Nachgang profitierte er aber von der Qualifikation des Australiers Michael Matthews. Der ursprünglich drittplatzierte Fahrer vom Team Jayco AlUla hatte unerlaubter Weise die Fahrlinie gewechselt und Politt so behindert. Die Jury stufte Matthews zurück.