Bora-hansgrohe mit Kämna und Buchmann und Kapitän Wlassow

Mit Lennard Kämna als Etappenjäger und Emanuel Buchmann als Helfer in den Bergen geht der deutsche Bora-hansgrohe-Radrennstall bei der am Samstag beginnenden 78. Spanien-Rundfahrt an den Start.

Als Kapitän und Mann für das Gesamtklassement ist der frühere Tour-Fünfte Alexander Wlassow vorgesehen, wie die Mannschaftbekannt gab. Der Russe war beim Giro d’Italia wegen Corona ausgestiegen und hatte bei der Frankreich-Rundfahrt pausiert.

Auf einen Etappensieg hofft Lennard Kämna, der in der Vergangenheit bereits bei der Tour und dem Giro jeweils einen Tageserfolg eingefahren hatte.

Im Mai war der 26-Jährige bei der Italien-Rundfahrt auf Gesamtwertung gefahren und hatte dabei den neunten Platz belegt. In Nico Denz, immerhin zweimaliger Giro-Etappensieger, Jonas Koch und Ben Zwiehoff stehen drei weitere deutsche Fahrer im achtköpfigen Bora-Aufgebot.

Die dreiwöchige Vuelta startet am Samstag mit einem Mannschaftszeitfahren in Barcelona. Auf den folgenden Etappen warten schwere Anstiege wie der Alto de L’Angliru, der Col d’Aubisque, und der Col du Tourmalet. Das Rennen um den Gesamtsieg dürfte hart umkämpft sein.

Neben dem belgischen Vorjahressieger Remco Evenepoel stehen auch der dänische Tour-Champion Jonas Vingegaard und dessen Teamkollege Primoz Roglic an der Startlinie. Der Slowene Roglic hatte in diesem Jahr bereits den Giro gewonnen.

Kämna-Experiment beschäftigt Bora-hansgrohe

Das Experiment des deutschen Hoffnungsträgers Lennard Kämna beim Giro d’Italia ist geglückt. Trotzdem bleiben Fragen offen.

Als die letzten Kilometer im Schatten des Kolosseums absolviert waren, stieg Lennard Kämna in Rom mit einem zufriedenen Lächeln vom Rad. „Es war das erste Mal, dass ich als Leader in eine große Landesrundfahrt gestartet bin“, sagte der deutsche Radprofi nach dem feierlichen Finale des 106. Giro d’Italia: „Ich muss sagen, dass wir mit dem neunten Platz in der Gesamtwertung ziemlich glücklich sein können.“

Vom Etappenjäger zum Klassementfahrer – das Experiment, das Kämna und sein deutsches Team Bora-hansgrohe bei der dreiwöchigen Italien-Rundfahrt in Angriff genommen hatten, glückte: Bester Deutscher, Platz neun nach 21 Etappen, 7:46 Minuten Rückstand auf Gesamtsieger Primoz Roglic.

Eine Wiederholung, das deutete Kämna schon nach dem Bergzeitfahren der 20. Etappe am Samstag an, könne er sich vorstellen. Ob Kämna aber wirklich weiter auf die Gesamtwertung fahren kann, ist offen. Erst nach einer umfangreichen Analyse soll über seinen weiteren Karriereweg entschieden werden.

„Macht es Sinn oder nicht? Man muss das in Ruhe besprechen“, sagte Teamchef Ralph Denk dem „SID“: „Dann muss man eine rationale Entscheidung treffen, was für ihn und für das Team wichtiger ist.“

Kämna habe „wirklich alles gegeben“. Auch habe der 26-Jährige die alleinige Führungsrolle nach dem Ausfall des russischen Leaders Alexander Wlassow gut angenommen. Rein sportlich jedoch war Luft nach oben. Ob beim Klettern in den Bergen oder im Zeitfahren: Zur Spitze habe „in allen Bereichen ein bisschen gefehlt“, sagte Denk.

Welchen Spielraum gibt es noch beim Gewicht? Was kann im Training noch verändert werden? Die Antworten auf Fragen wie diese entscheiden über Kämnas künftige Rolle. Eine Comeback als Etappenjäger ist nicht ausgeschlossen.

Etappensiege sind für Roglic nur ein Beiwerk. Der Slowene vom Team Jumbo-Visma zeigte eindrucksvoll, dass er zu den besten Rundfahrern der Welt gehört. Nach drei Siegen bei der Vuelta in Spanien krönte sich der 33-Jährige erstmals zum Giro-Champion – und besiegte dabei auch sein Tour-de-France-Trauma. „Es ist unglaublich“, sagte Roglic, „ich werde den Tag für den Rest meines Lebens nicht vergessen.“

So läuft der Giro d’Italia 2023

Mit einem Einzelzeitfahren in den Abruzzen startet am Samstag der 106. Giro d’Italia.

Die deutschen Hoffnungen ruhen auf Lennard Kämna, der erstmals die Gesamtwertung bei einer Grand Tour in Angriff nimmt. Die Topfavoriten auf den Gesamtsieg sind aber Weltmeister Remco Evenepoel und der dreimalige Vuelta-Sieger Primoz Roglic.

Das Starterfeld beim zweitgrößten Radrennen der Welt ist so hochkarätig besetzt wie lange nicht. Der belgische Straßen-Weltmeister Remco Evenepoel und der dreimalige Vuelta-Champion Primoz Roglic aus Slowenien gehen als Topfavoriten an den Start. Beide haben sich im Frühjahr bereits in herausragender Form präsentiert. Evenepoel gewann erneut den Frühjahrsklassiker Lüttich-Bastogne-Lüttich. Roglic siegte bei Tirreno-Adriatico und der Katalonien-Rundfahrt, wo er ganz knapp vor Evenepoel blieb.

Der Start erfolgt am 6. Mai mit einem 19,6 Kilometer langen Einzelzeitfahren in Fossacesia Marina in den Abruzzen. Insgesamt gibt es in diesem Jahr drei Zeitfahren mit einer Gesamtlänge von 73 Kilometern, was dem deutschen Meister Lennard Kämna entgegenkommen sollte. Die Rundfahrt endet nach 3489,2 Kilometer am 28. Mai in Rom. Die Entscheidung über den Gesamtsieg fällt in der letzten Woche, wenn drei Bergankünfte in Monte Bondone, Zoldo Alto und Tre Cime di Lavaredo sowie das Bergzeitfahren nach Monte Lussari anstehen. Insgesamt sind beim Giro 51.400 Höhenmeter zu bewältigen.

Ebenfalls dabei sind der frühere Tour-de-France-Sieger Geraint Thomas und Ex-Giro-Gewinner Tao Geoghegan Hart aus Großbritannien. Der australische Titelverteidiger Jai Hindley vom deutschen Bora-hansgrohe-Team fährt dagegen in diesem Jahr die Frankreich-Rundfahrt, stattdessen wird der russische Tour-Fünfte Alexander Wlassow starten.

Der talentierte Ex-Junioren-Weltmeister fährt erstmals bei einer Grand Tour auf Gesamtwertung. Der 26-Jährige ist ein exzellenter Zeitfahrer und kommt auch gut über die Berge, wie er bei seinen Etappensiegen bei der Tour (2020) und dem Giro (2022) im Hochgebirge bewiesen hat.

Kämna mit Lust auf den nächsten Karriereschritt

Urlaub in Irland, ein Abstecher mit dem Team nach San Francisco, dazu auf Heimatbesuch in Fischerhude und ein paar Tage in Österreich – Lennard Kämna wirkt entspannt und scheint bereit zu sein. Bereit für den nächsten Karriereschritt.

Der hochtalentierte Radprofi will im nächsten Jahr beim Giro d’Italia erstmals die Gesamtwertung bei einer großen Rundfahrt in Angriff nehmen.

Als Etappenjäger hat sich Kämna mit Tagessiegen bei der Tour de France und dem Giro in den vergangenen Jahren einen Namen gemacht. Im Sommer fehlten ihm auf einer Alpenetappe bei der Tour nur elf Sekunden zum Gelben Trikot. Großes Potenzial wurde ihm schon immer bescheinigt. Nach seinem Junioren-Weltmeistertitel im Einzelzeitfahren 2014 wurden bereits Vergleiche zu Jan Ullrich gezogen. Heute weiß es der 26-Jährige besser, nachdem er persönlich Höhen und Tiefen durchlebt hat. Dazu gehörten auch zwei mentale Auszeiten über einen längeren Zeitraum, als er die Lust an seinem Sport verloren hatte. Die Freude am Radsport ist längst wieder da. Und weil die Verantwortlichen beim Bora-hansgrohe-Team um seine Fähigkeiten wissen, genießt er alle Freiheiten. Helferdienste für den Russen Alexander Wlassow, der am 6. Mai in den Abruzzen als Kapitän beim Giro an den Start gehen soll, sind für den Ausnahmekönner nicht vorgesehen.

„Lenny hat Zeitfahr-Qualitäten. Wir haben viele Zeitfahren im Giro, die Berge liegen ihm auch. Bei Lenny ist es weiter ein Entwicklungsprozess, dass man sagt: Lass es uns mal versuchen, wie weit wir kommen“, spricht Sportchef Rolf Aldag von einem spannenden Projekt und betont zugleich: „Wir sagen aber auch nicht, dass wir jedes Loch für Lenny zufahren müssen, um ihn da unter Stress zu setzen.“

Was ist bei diesem talentierten Mann aus Wedel also möglich? Kann er es womöglich einmal mit den Großen der Branche wie Tour-Sieger Jonas Vingegaard (Dänemark) oder dem zweimaligen Champion Tadej Pogacar (Slowenien) aufnehmen? Dafür müsste sich Kämna umstellen. Weniger Attacke, dafür jederzeit aufmerksam sein, keine Schwächen zeigen. „Ich glaube, dass ich gut dafür gemacht bin, drei Wochen zu fahren. Und, dass ich mich auch gut erholen kann.“

Beim Giro wird er es erstmal mit Wunderkind und Weltmeister Remco Evenepoel (Belgien) zu tun bekommen. „Remco geht mit riesigem Rückenwind in den Winter und wird beim Giro topfit sein. Ob man den dann schlagen kann, ist vielleicht ein bisschen schwierig zu sagen.“ Ein Versuch ist es aber allemal wert.

Deutschland Tour ohne Sprinter Bauhaus

Radprofi Phil Bauhaus hat seinen Start bei der am Mittwoch beginnenden Deutschland Tour aufgrund eines positiven Coronatests absagen müssen. Sein Team Bahrain Victorious teilte mit, dass der 28 Jahre alte Sprinter milde Symptome habe.

Bereits am Montag hatte das Team Bora-hansgrohe bekannt gegeben, dass es ohne seine Topfahrer Lennard Kämna (Wedel) und Maximilian Schachmann (Berlin) antreten wird. Beide fehlen gesundheitlich angeschlagen im Aufgebot des deutschen Radrennstalls für das Heimspiel.

Dagegen sind Vorjahressieger Nils Politt (Köln) und Emanuel Buchmann (Ravensburg) wie geplant dabei. Buchmann fährt die Deutschland Tour, weil wegen einer Harnwegsinfektion nicht wie ursprünglich geplant bei der Vuelta starten konnte.

Die Deutschland Tour beginnt mit dem Prolog in Weimar (2,7 km), das fünftägige Event führt nach Stuttgart. Weitere Zielorte sind Meiningen, Marburg und die Bergankunft am Schauinsland bei Freiburg. Der Kurs führt über insgesamt 710 Kilometer und mehr als 11.000 Höhenmeter.

Das deutsche Radsport-Topteam Bora-hansgrohe hat seine Helferfraktion mit Nico Denz verstärkt, gab der Rennstall aus Oberbayern bekannt.

Der 28-Jährige verlässt die niederländische Mannschaft DSM nach drei Jahren und schließt sich dem einzigen deutschen Team der WorldTour an.

„Ich muss sagen, es ist schon etwas Besonderes, als Deutscher im größten deutschen Team zu fahren. Ich hatte auch schon länger zu Bora-hansgrohe geschielt, wenn man das so sagen kann, aber es war bis jetzt einfach noch nicht der richtige Moment da“, sagte Denz.

In diesem Jahr hatte Denz mit einem Etappensieg bei der Tour de Suisse für den größten Erfolg seiner Karriere gesorgt. In der Regel ist er jedoch als Helfer eingeplant. „Dass ich hier nicht als Leader engagiert wurde, ist glaube ich auch jedem klar. Aber ich bin sicher, dass ich das Team mit meinen Fähigkeiten und meiner Erfahrung weiter verstärken kann“, sagte Denz.

 

Tour-Krimi! Kämna hauchdünn am Gelben Trikot vorbei

Lennard Kämna ist hauchzart am Gelben Trikot vorbeigerauscht. Dem 25-Jährigen fehlten nur elf Sekunden, um Tadej Pogacar zu stürzen.

Lennard Kämna stieg völlig abgekämpft von seinem Rad, dann blickte er mit bangem Blick die Landebahn des Flugplatzes in Megeve hinunter. Die entscheidende Frage beim Schlussakt des Dramas: Wo ist Tadej Pogacar? Reicht es für die Eroberung des Gelben Trikots? Die ernüchternde Antwort: Nein! Elf Sekunden fehlten Kämna, um als 15. deutscher Radprofi ins Maillot jaune zu schlüpfen.

Die Gründe für den verpassten Gelb-Coup und den auf Rang zehn am Ende deutlich verfehlten zweiten Tour-Etappensieg seiner Karriere hatte Kämna jedenfalls schnell parat. „Es lief halt überhaupt nicht. Ich hatte heute das Gefühl, dass jeder gegen mich fährt in der Spitzengruppe“, sagte der Profi von Bora-hansgrohe, der im Gesamtklassement auf Rang zwei kletterte, in der ARD: „Es hat echt gar keinen Spaß gemacht den letzten Berg hoch. Am Ende habe ich alles gefahren, was ich hatte.“

Ein Trikot bleibt aber in deutscher Hand: Denn parallel verteidigte Landsmann Simon Geschke sein am Sonntag erobertes Bergtrikot auf den 148,1 km. Titelverteidiger Pogacar muss sich trotz der knapp verteidigten Gesamtführung nach dem zweiten Coronafall, der in seinem UAE-Team vor der Etappe bekannt wurde, aber weiter große Sorgen machen. Der Tagessieg ging an den Dänen Magnus Cort Nielsen. Georg Zimmermann belegte als bester Deutscher den sechsten Rang.

Nach einer erwartet unruhigen Anfangsphase dauerte es knappe 65 km, bis sich eine Fluchtgruppe bildete. Und die ließ sich Kämna nicht entgehen. Ebenfalls mit in der 25 Fahrer starken Gruppe war Zimmermann. Die Gruppe fuhr in der Spitze über neun Minuten auf das Hauptfeld um Dominator Pogacar heraus. Auch ein kurzzeitiger Klimastreik brachte Kämna und Co. zunächst nicht aus dem Konzept.

Im packenden, über 21 km langen Anstieg hinauf nach Megeve schwanden bei Kämna sichtlich die Kräfte, das spannende Finale der Ausreißergruppe, das Cort im Fotofinish für sich entschied, verfolgte er nur noch aus der Distanz. Dann begann das Warten auf Pogacar. Doch der Slowene war dann eben doch diese elf Sekunden zu schnell.