Radsport-Beben? Remco Evenepoel „hasst Jumbo“

Die bevorstehende Fusion der beiden Radsport-Teams Jumbo-Visma und Soudal Quick-Step schlägt weiter hohe Wellen. Geraint Thomas sieht vor allem in der Personalfrage einige Hürden auf das neue „Super-Team“ zukommen.

Sollten sich Jumbo-Visma und Soudal Quick-Step zur kommenden Radsport-Saison tatsächlich zusammenschließen, stünden die Verantwortlichen noch vor dem ersten Rennen vor einem Problem: Sie müssten ihr Aufgebot zusammenschrumpfen, in dem es dann vor Superstars nur so wimmelt.

Geht es nach Ineos-Fahrer Geraint Thomas, so würde einer der besagten Stars ziemlich sicher nicht zum Aufgebot gehören: Remco Evenepoel.

Im „Watts Occurring“-Podcast meinte Thomas: „Eine Sache, die ich dazu sagen will, ist: Remco hasst Jumbo und Jumbo hasst Remco. Das wird nicht funktionieren, außer sie haben unterschiedliche Programme.“ Was genau der Waliser damit meinte, ist nicht klar.

Dazu wird es auf zwischenmenschlicher Ebene weitere Probleme geben, glaubt Thomas. „Du solltest hören, was Roglic über Remco sagt“, deutete der Ineos-Fahrer gegenüber seinem Podcast-Partner Luke Rowe an, dass es auch zwischen den beiden Superstars knistert.

Überhaupt könne er nicht verstehen, warum Jumbo-Visma sich auf dieses Experiment einlassen möchte, erklärte Thomas: „Sie haben gerade drei große Rundfahrten gewonnen.“ Dass das Team dennoch einen neuen Hauptsponsor braucht – das Unternehmen Jumbo zieht sich spätestens mit Ende der Saison 2024 zurück – sei enttäuschend und ein trauriges Zeichen für den Radsport, ergänzte der Waliser.

Dass durch die Fusion eine Pro-Tour-Lizenz frei werden würde, könne man zwar durchaus als gutes Zeichen werten, meinte Thomas. „Aber die Hälfte der Jobs wird gestrichen werden, weil es eine Höchstzahl von Fahrern gibt. […] Viele Jungs wären raus, was ebenfalls schade wäre.“

Vuelta-Preisgelder: Jumbo-Visma deklassiert Konkurrenz

Das niederländische Radsportteam Jumbo-Visma hat der diesjährigen Ausgabe der Spanien-Rundfahrt den Stempel aufgedrückt. Das spiegelt sich auch in den Preisgeldern wider, die Vuelta-Sieger Sepp Kuss und die Superstars Jonas Vingegaard und Primoz Roglic eingefahren haben.

Jumbo-Visma blickt auf eine bemerkenswerte Teamleistung bei der Vuelta zurück: Die Niederländer stellen alle drei Fahrer auf dem Podest, erstmals gewann der US-Amerikaner Sepp Kuss eine der wichtigsten Radsport-Rundfahrten der Welt.

Mit 17 Sekunden Rückstand folgte der zweifache Tour-de-France-Sieger Jonas Vingegaard aus Dänemark, Dritter wurde der Slowene Primoz Roglic – Sieger des diesjährigen Giro d’Italia. Besser hätte das Jahr für Jumbo-Visma also nicht laufen können.

Der jüngste Vuelta-Triumph hat zudem ordentlich Geld in die Kassen des Teams gespült. Bemerkenswert: Fast ein Drittel des gesamten Preisgeldes ging an Jumbo-Visma, wie aus der von den Veranstaltern veröffentlichten Liste hervorgeht.

Insgesamt schütteten die Spanier 1.116.835 Euro an die 24 teilnehmenden Teams aus, allein auf Jumbo-Visma fallen 364.985 Euro. Soundal-QuickStep um den belgischen Superstar Remco Evenepoel, der sich letztlich mit dem zwölften Platz begnügen musste, rangiert mit gerade einmal 98.965 Euro auf Platz zwei. UAE Team Emirates mit dem Gesamtvierten Juan Ayuso, zudem bester Spanier der diesjährigen Vuelta, heimste 95.530 Euro ein.

Das deutsche Radsportteam Bora-Hansgrohe befindet sich im Ranking der Preisgelder mit insgesamt 64.680 Euro auf dem fünften Platz.

Dass Jumbo-Visma derart viel Kohle mit nach Hause nimmt, liegt vor allem am Spitzentrio Sepp Kuss, Jonas Vingegaard und Primoz Roglic. Allein 150.000 Euro wurden für Kuss Gesamtsieg ausgeschüttet, zudem kassierte Jumbo-Visma zusätzliche 12.500 Euro für die Auszeichnung als bestes Team. Immerhin 11.000 Euro gab es für jeden Etappensieg.

Für Astana Qazaqstan Team zahlte sich die Reise nach Spanien derweil ganz und gar nicht aus. Im Preisgeld-Ranking belegt das Team mit gerade einmal 4.485 Euro den letzten Platz.

Sieg im Teamzeitfahren: Vingegaard jetzt vor Pogacar

Tour-Sieger Jonas Vingegaard hat Tadej Pogacar auf der dritten Etappe der Fernfahrt Paris-Nizza wertvolle Sekunden abgenommen und seinen slowenischen Radsportrivalen in der Gesamtwertung überholt.

Der Däne Vingegaard gewann mit seinem Rennstall Jumbo-Visma das Teamzeitfahren rund um Dampierre-en-Burly (32,3 km) in 33:55 Minuten knapp vor den Teams EF Education-EasyPost (+0,01 Minuten) und Jayco AlUla (+0,04). Das deutsche Team Bora-hansgrohe kam mit 25 Sekunden Rückstand auf Rang sechs ins Ziel.

Das Gelbe Trikot übernahm am Dienstag der Däne Magnus Cort Nielsen (EF Education). Vingegaard hat im Kampf um den Gesamtsieg als Fünfter drei Sekunden Rückstand auf seinen Landsmann.

Pogacar liegt jetzt elf Sekunden hinter Vingegaard

Pogacar, der vor der Etappe noch zwölf Sekunden vor Vingegaard gelegen hatte, rutschte auf Rang zehn zurück und hat nun elf Sekunden Rückstand auf den Tour-Champion.

Pogacars UAE Team Emirates hatte nur den fünften Rang (+0:23) belegt.

Bei der 81. Auflage des Rennens zur Sonne sind acht Etappen zu bewältigen. Am Mittwoch wartet auf dem vierten, 165 Kilometer langen Teilabschnitt von Saint-Amand-Montrond nach La Loge des Gardes die erste Bergankunft auf das Peloton, die Etappe endet mit einer 6,7 km langen Steigung der ersten Kategorie.

Der deutsche Radprofi Lennard Kämna mischt beim einwöchigen italienischen Etappenrennen Tirreno-Adriatico weiter vorne mit.

Der 26-Jährige vom Team Bora-hansgrohe erreichte das Ziel der 210 km langen zweiten Etappe von Camaiore nach Follonica mit dem Hauptfeld und verteidigte den zweiten Platz in der Gesamtwertung erfolgreich. Kämnas Rückstand auf den zweimaligen Zeitfahr-Weltmeister Filippo Ganna vom Team Ineos Grenadiers beträgt 28 Sekunden.

Der Tagessieg beim „Rennen zwischen den Meeren“ ging am Dienstag an Fabio Jakobsen. Der niederländische Europameister vom Team Soudal-Quick Step gewann den Massensprint vor Jasper Philipsen aus Belgien vom Team Alpecin-Deceuninck und Fernando Gaviria aus Kolumbien vom Team Movistar. Phil Bauhaus vom Team Bahrain Victorious belegte den sechsten Rang.

Die dritte Etappe führt am Mittwoch über 216 km und hügeliges Terrain von Follonica nach Foligno.

Jumbo-Visma: Nach der Tour kommen die „sch Fragen“

Tour-Sieger Jonas Vingegaard und sein Team sind die neuen Dominatoren des Radsports. Der Zweifel fährt wie immer mit, doch auf Doping-Diskussionen hat Jumbo-Visma keine Lust.

In der Abendsonne von Paris sang Jonas Vingegaard stolz die dänische Nationalhymne, küsste Töchterchen Frida auf die Wange und hielt dann eine emotionale Rede: Auffällig ausführlich dankte er auf dem Podium der Tour de France jedem einzelnen seiner Teamkollegen. Der neue Tour-Dominator wusste, was sich gehörte. Denn seine Mannschaft hatte in den vorangegangen drei Wochen einen immensen Anteil am bis dato größten Karriere-Erfolg des schüchternen 25-Jährigen gehabt.

Mit einer beinahe unverschämten Dominanz trat das Team Jumbo-Visma bei der Frankreich-Rundfahrt 2022 auf. Sechs Etappensiege, Grünes Trikot, Bergtrikot, zudem Vingegaards souveräner Toursieg mit knapp drei Minuten Vorsprung auf Titelverteidiger Tadej Pogacar: Die Erfolgsbilanz der niederländischen Equipe liest sich beeindruckend. Doch bei derartigen Leistungen fährt naturgemäß auch der Zweifel immer mit – besonders im Radsport mit seiner zutiefst unrühmlichen Vergangenheit.

Bei Jumbo-Visma haben sie auf solche Diskussionen wenig überraschend keine Lust: „Das ist so eine Scheiß-Frage – sie kommt jedes Jahr. Nur weil wir auf diesem hohen Niveau fahren, müssen wir uns verteidigen. Ich versteh’s einfach nicht“, sagte Vingegaards belgischer Teamkollege, der dreifache Etappensieger und Träger des Grünen Trikots, Wout van Aert, als er zum Thema Doping befragt wurde.

Vingegaard selbst, der in Paris neben dem Gelben Trikot auch noch das gepunktete Jersey des besten Bergfahrers überstreifen durfte, reagierte auf die gleiche Frage deutlich gefasster: „Wir sind total sauber, jeder von uns. Ich kann für das ganze Team sprechen: Keiner von uns nimmt etwas Verbotenes“, sagte er und erklärte: „Wir sind wegen unserer Vorbereitung so gut.“

Eines sei an dieser Stelle ausdrücklich betont: Es gibt keinerlei stichhaltige Verdachtsmomente gegen Fahrer des Teams. Auch im einstmals chronisch dopingverseuchten Radsport, der im Übrigen in den vergangenen Jahren große Fortschritte im Anti-Doping-Kampf gemacht hat, gilt die Unschuldsvermutung. „Der Radsport hat sich verändert“, betont auch van Aert: „Wir werden zu jeder Zeit des Jahres kontrolliert, nicht nur bei der Tour – auch zuhause.“