Sieg im Teamzeitfahren: Vingegaard jetzt vor Pogacar

Tour-Sieger Jonas Vingegaard hat Tadej Pogacar auf der dritten Etappe der Fernfahrt Paris-Nizza wertvolle Sekunden abgenommen und seinen slowenischen Radsportrivalen in der Gesamtwertung überholt.

Der Däne Vingegaard gewann mit seinem Rennstall Jumbo-Visma das Teamzeitfahren rund um Dampierre-en-Burly (32,3 km) in 33:55 Minuten knapp vor den Teams EF Education-EasyPost (+0,01 Minuten) und Jayco AlUla (+0,04). Das deutsche Team Bora-hansgrohe kam mit 25 Sekunden Rückstand auf Rang sechs ins Ziel.

Das Gelbe Trikot übernahm am Dienstag der Däne Magnus Cort Nielsen (EF Education). Vingegaard hat im Kampf um den Gesamtsieg als Fünfter drei Sekunden Rückstand auf seinen Landsmann.

Pogacar liegt jetzt elf Sekunden hinter Vingegaard

Pogacar, der vor der Etappe noch zwölf Sekunden vor Vingegaard gelegen hatte, rutschte auf Rang zehn zurück und hat nun elf Sekunden Rückstand auf den Tour-Champion.

Pogacars UAE Team Emirates hatte nur den fünften Rang (+0:23) belegt.

Bei der 81. Auflage des Rennens zur Sonne sind acht Etappen zu bewältigen. Am Mittwoch wartet auf dem vierten, 165 Kilometer langen Teilabschnitt von Saint-Amand-Montrond nach La Loge des Gardes die erste Bergankunft auf das Peloton, die Etappe endet mit einer 6,7 km langen Steigung der ersten Kategorie.

Der deutsche Radprofi Lennard Kämna mischt beim einwöchigen italienischen Etappenrennen Tirreno-Adriatico weiter vorne mit.

Der 26-Jährige vom Team Bora-hansgrohe erreichte das Ziel der 210 km langen zweiten Etappe von Camaiore nach Follonica mit dem Hauptfeld und verteidigte den zweiten Platz in der Gesamtwertung erfolgreich. Kämnas Rückstand auf den zweimaligen Zeitfahr-Weltmeister Filippo Ganna vom Team Ineos Grenadiers beträgt 28 Sekunden.

Der Tagessieg beim „Rennen zwischen den Meeren“ ging am Dienstag an Fabio Jakobsen. Der niederländische Europameister vom Team Soudal-Quick Step gewann den Massensprint vor Jasper Philipsen aus Belgien vom Team Alpecin-Deceuninck und Fernando Gaviria aus Kolumbien vom Team Movistar. Phil Bauhaus vom Team Bahrain Victorious belegte den sechsten Rang.

Die dritte Etappe führt am Mittwoch über 216 km und hügeliges Terrain von Follonica nach Foligno.

Saison-Debüt von Vingegaard abgebrochen

Nach starkem Schneefall und einem Protest der Fahrer ist das Saison-Debüt von Tour-de-France-Sieger Jonas Vingegaard abgebrochen worden.

Gut 20 Kilometer vor dem Ziel der ersten Etappe des O Gran Camino im Nordwesten Spaniens stoppte das Feld und Vingegaard intervenierte persönlich beim Rennleiter. Daraufhin stiegen die Fahrer bei Schnee und Wind in die Teamfahrzeuge. Die Etappe sollte über 188 Kilometer durch Galizien von Muralla de Lugo nach Sarria führen.

Für Vingegaard ist das viertägige Rennen der zweiten Kategorie der Einstieg in die Saison. Der Däne war zuletzt im Oktober bei der Lombardei-Rundfahrt im Einsatz. Der 26-Jährige will im Frühjahr nach dem Rennen in Spanien noch Paris-Nizza im März und die Baskenland-Rundfahrt im April bestreiten und danach einen Trainingsblock bis zum Critérium du Dauphiné Anfang Juni einlegen.

Kolumbianer dominieren UAE Tour

Radprofi Juan Sebastian Molano hat für den zweiten kolumbianischen Etappensieg nacheinander bei der UAE Tour gesorgt.

Einen Tag nach dem Erfolg von Landsmann Einer Rubio (Movistar) gewann der Fahrer vom UAE Team Emirates am Donnerstag die 174 km lange vierte Etappe, die für die sprintstarken Profis im Peloton maßgeschneidert war.

In einem Fotofinish aus dem Hauptfeld heraus verwies Molano den Niederländer Olav Kooij (Jumbo-Visma) und den Australier Sam Welsford (Team DSM) auf die weiteren Plätze. Im Gesamtklassement verteidigte der belgische Weltmeister Remco Evenepoel (Soudal-Quick Step) sein Führungstrikot.

Die fünfte Etappe führt am Freitag über flache 170 km von Al Marjan Island nach Umm Al Quwain und bietet den Sprintern erneut aussichtsreiche Siegchancen.

Jumbo-Visma: Nach der Tour kommen die „sch Fragen“

Tour-Sieger Jonas Vingegaard und sein Team sind die neuen Dominatoren des Radsports. Der Zweifel fährt wie immer mit, doch auf Doping-Diskussionen hat Jumbo-Visma keine Lust.

In der Abendsonne von Paris sang Jonas Vingegaard stolz die dänische Nationalhymne, küsste Töchterchen Frida auf die Wange und hielt dann eine emotionale Rede: Auffällig ausführlich dankte er auf dem Podium der Tour de France jedem einzelnen seiner Teamkollegen. Der neue Tour-Dominator wusste, was sich gehörte. Denn seine Mannschaft hatte in den vorangegangen drei Wochen einen immensen Anteil am bis dato größten Karriere-Erfolg des schüchternen 25-Jährigen gehabt.

Mit einer beinahe unverschämten Dominanz trat das Team Jumbo-Visma bei der Frankreich-Rundfahrt 2022 auf. Sechs Etappensiege, Grünes Trikot, Bergtrikot, zudem Vingegaards souveräner Toursieg mit knapp drei Minuten Vorsprung auf Titelverteidiger Tadej Pogacar: Die Erfolgsbilanz der niederländischen Equipe liest sich beeindruckend. Doch bei derartigen Leistungen fährt naturgemäß auch der Zweifel immer mit – besonders im Radsport mit seiner zutiefst unrühmlichen Vergangenheit.

Bei Jumbo-Visma haben sie auf solche Diskussionen wenig überraschend keine Lust: „Das ist so eine Scheiß-Frage – sie kommt jedes Jahr. Nur weil wir auf diesem hohen Niveau fahren, müssen wir uns verteidigen. Ich versteh’s einfach nicht“, sagte Vingegaards belgischer Teamkollege, der dreifache Etappensieger und Träger des Grünen Trikots, Wout van Aert, als er zum Thema Doping befragt wurde.

Vingegaard selbst, der in Paris neben dem Gelben Trikot auch noch das gepunktete Jersey des besten Bergfahrers überstreifen durfte, reagierte auf die gleiche Frage deutlich gefasster: „Wir sind total sauber, jeder von uns. Ich kann für das ganze Team sprechen: Keiner von uns nimmt etwas Verbotenes“, sagte er und erklärte: „Wir sind wegen unserer Vorbereitung so gut.“

Eines sei an dieser Stelle ausdrücklich betont: Es gibt keinerlei stichhaltige Verdachtsmomente gegen Fahrer des Teams. Auch im einstmals chronisch dopingverseuchten Radsport, der im Übrigen in den vergangenen Jahren große Fortschritte im Anti-Doping-Kampf gemacht hat, gilt die Unschuldsvermutung. „Der Radsport hat sich verändert“, betont auch van Aert: „Wir werden zu jeder Zeit des Jahres kontrolliert, nicht nur bei der Tour – auch zuhause.“

Geschkes Bergtrikot-Frust bei der Tour de France

Simon Geschke hat den Gewinn des Bergtrikots bei der Tour de France knapp verpasst. Das Trikot als Stellvertreter nach Paris tragen zu dürfen, ist für den 36-Jährigen kein Trost.

Simon Geschke war der Frust deutlich anzusehen, als er am Freitag zum Start der 19. Etappe rollte. Der 36-Jährige trug zwar noch immer das Gepunktete Trikot des Führenden in der Bergwertung der Tour de France – doch er war es eigentlich nicht mehr. „Ich würde es lieber nicht tragen, weil ich halt nur Zweiter bin“, hatte Geschke zuvor dem „ZDF“ gesagt: „Jetzt bin ich eben die Schaufensterpuppe, die das Trikot nach Paris fahren muss.“

Der Hauptverantwortliche für die Enttäuschung befand sich in Castelnau-Magnoac gleich in Geschkes Nähe – und trug das Gelbe Trikot. Jonas Vingegaard, designierter Nachfolger von Tadej Pogacar als Sieger des wichtigsten Radrennens der Welt, wird am Sonntag in Frankreichs Hauptstadt auch die Bergwertung gewinnen.

Da aber auch der dänische Überflieger immer nur ein Trikot auf seinen schmalen Schultern tragen kann, wird Geschke als Wertungszweitem die fragwürdige Ehre zu Teil, das Bergtrikot stellvertretend nach Paris zu tragen.

Neun Tage lang hatte Geschke zuvor die Bergwertung angeführt und war dabei nicht nur in die Herzen der deutschen Fans geklettert. „Die letzten Tage waren natürlich super“, sagte der Berliner. Neben den Beinahe-Ritten von Lennard Kämna zum Etappensieg und ins Gelbe Trikot, war sein Kampf ums Bergtrikot aus deutscher Sicht das Highlight der Tour 2022.

Am Donnerstag war dieser Kampf in den Pyrenäen zu Ende gegangen. Und als Geschke von seinem Rad stieg, abgekämpft, verschwitzt, geschlagen, war die Enttäuschung riesig: „Ich habe alles gegeben. Mir sind halt einfach die Kräfte ausgegangen“, sagte er geknickt und verschwand schnell im Bus seines Cofidis-Teams.

Es hat nicht sollen sein mit dem ersten deutschen Sieg in der 89 Jahre langen Geschichte der Bergwertung der Frankreich-Rundfahrt. Die letzte Bergetappe der Tour war für Geschke die entscheidende eine zu viel. Früh musste er den Strapazen der vergangenen Tage Tribut zollen, fiel zurück und konnte keine weiteren Punkte sammeln.

 

Pogacar sicher: Tour de France wird in Pyrenäen entschieden

Tadej Pogacar will es beim Kampf um seinen dritten Sieg bei der Tour de France nicht auf das Zeitfahren auf der vorletzten Etappe ankommen lassen.

Der 23 Jahre alte Slowene kündigte deshalb viele Attacken auf Spitzenreiter Jonas Vingegaard auf den Pyrenäen-Etappen von Dienstag bis Donnerstag an.

„Ich muss jede Chance ergreifen und an jedem Anstieg angreifen, um jeden Tag etwas Zeit zu gewinnen. Ich hoffe, dass ich am Ende nichts bereue“, sagte Pogacar.

Der zweimalige Tour-Sieger liegt 2:22 Minuten hinter dem Vorjahreszweiten Vingegaard. Diesen Abstand will Pogacar in den Bergen wettmachen.

„Ich muss die Lücke vor dem Zeitfahren schließen. Jonas ist richtig gut. Ich werde nicht auf das Zeitfahren wetten und hoffen, dass ich dort 30 Sekunden oder zwei Minuten heraushole“, sagte der Kapitän des UAE-Teams.

Nach drei Tagen in den Pyrenäen mit zwei Bergankünften wird die Tour am Samstag im Kampf gegen die Uhr entschieden. Von Lacapalle-Marival nach Rocamadour sind 40,7 Kilometer zurückzulegen. Beim Auftaktzeitfahren in Kopenhagen über 13,1 Kilometer lag Pogacar nur acht Sekunden vor Vingegaard.

Pogacar wäre am Ende auch mit Platz zwei zufrieden. „Es ist nicht das Ende der Welt, wenn ich nicht in Gelb nach Paris komme. Der zweite Platz ist auch gut“, sagte das Ausnahmetalent.