Greipel sorgt sich um den deutschen Rad-Nachwuchs

Der frühere Sprintstar André Greipel sorgt sich um den Nachwuchs im deutschen Radsport.

„Dort sieht man einen großen Rückgang der Starterfelder“, sagte der neue Straßenrad-Bundestrainer der „Deutschen Presse-Agentur“. „Corona ist mit Sicherheit auch ausschlaggebend gewesen. Aber ein Problem kann auch die Zentralisierung der Olympia-Stützpunkte sein.“

Es gebe aber auch ein grundsätzliches Problem, erklärte Greipel. „Man kann ganz gut sehen, dass gerade in den Ganztagsschulen sehr viel von den Kindern gefordert wird und viele Kinder keine Lust mehr haben, einem Hobby nachzugehen.“

Aktuell sieht Greipel den deutschen Radsport aber nicht so schlecht aufgestellt, auch wenn bei der Tour de France zum zweiten Mal in Folge kein Etappensieg heraussprang und dieses Mal nur sieben deutsche Fahrer am Start standen.

„Man guckt immer auf die Weltrangliste, aber das ist meiner Meinung nach trügerisch, weil wir sehr gute Rennfahrer haben, die in ihren Mannschaften ihre Aufgaben übernehmen“, sagte Greipel. Auch im Sprint, für Greipel eine Herzensangelegenheit, habe Deutschland in Phil Bauhaus und Pascal Ackermann noch zwei Radprofis von Format. Sorgen macht er sich eher mit Blick auf den Nachwuchsbereich.

Es müsse aber auch berücksichtigt werden, dass die jetzige Generation „auf starke Generationen anderer Nationen trifft“, sagte der 41-Jährige, der damit die Fülle an Jungstars wie den zweimaligen Tour-Sieger Tadej Pogacar oder Weltmeister Remco Evenepoel anspricht.

Greipel hat beim Bund Deutscher Radfahrer die Sportliche Leitung für die Straßenrennen übernommen. Der gebürtige Rostocker ist mit 158 Siegen erfolgreichster deutscher Radprofi und holte 2011 mit Bronze in Kopenhagen die bislang letzte deutsche Medaille.

Rad-Star über Depressionen: „Ich war ein Albtraum“

Rad-Star Mark Cavendish hat lange Zeit schwer unter Depressionen gelitten. Der 38-Jährige spricht in einer neuen Dokumentation offen über seine Krankheit und die Folgen.

Mark Cavendish öffnet sich in der Netflix-Dokumentation „Mark Cavendish: Never Enough“, die im August erscheint. Er spricht darin intensiv über gesundheitliche Probleme, die beinahe seine Karriere beendeten.

Vor seinem Tour-Comeback 2021 kämpfte Mark Cavendish lange Zeit gegen das Pfeiffersche Drüsenfieber und Depressionen. 2017 diagnostizierten Ärzte erstmals Pfeiffersches Drüsenfieber (Epstein-Barr-Virus). Eine Erkrankung, die auch das chronische Erschöpfungssymptom auslösen kann. Danach sei er nicht mehr der alte gewesen. Erfolge auf dem Rad blieben aus. Der Brite crashte bei der 4. Etappe der Tour schwer, musste die Frankreich-Rundfahrt auch 2018 vorzeitig beenden, 2019 wurde er nicht ins Team berufen.

Harte Zeiten für den Sprinter. „Man entwickelt sich nicht einfach vom Besten der Welt zu total unfähig. Wie? Wie? Wie ist das geschehen?“, sagt Cavendish in der Doku. „Es hat sich in Stress gewandelt zuhause. Ich war ein Albtraum als Partner.“

Freunde machten sich zunehmend Sorgen um die Gesundheit und Wohlbefinden des Rad-Profis. „Du bist einfach nur leer, dieses Gefühl, sich wertlos zu fühlen.“

Seine Frau Peta erklärte, er sei nicht „wirklich er selbst gewesen“. „Wir haben über nichts mehr gestritten. Er war verloren in alles, was passierte.“

Nach der Tour 2018 stellte Teamarzt Helge Riepenhof fest, dass das Pfeiffersche Drüsenfieber immer noch im Körper war und Cavendish an einer klinischen Depression litt. „Ich war mir nicht sicher, ob er aus der Depression kommen würde, ohne mit Radfahren aufzuhören.“

Vingegaard-Lehrstunde macht Pogacar „ratlos“

Tour-Leader Jonas Vingegaard hat im Einzelzeitfahren der Tour de France seinem ärgsten Rivalen Tadej Pogacar eine Lehrstunde erteilt. Der Däne sorgte mit seinem imposanten Ritt hinauf nach Combloux für eine Vorentscheidung, Pogacar suchte anschließend nach Erklärungen.

Das Ergebnis war dann doch überraschend deutlich. Vingegaard fuhr einen Vorsprung von 1:36 Minuten heraus und verzehnfachte damit auf einen Schlag seinen Vorsprung. Davor betrug der Abstand zwischen den beiden Radsport-Giganten lediglich zehn Sekunden.

Der Mann im Gelben Trikot staunte selbst über seinen Antritt. „Das war sicher einer meiner besten Tage auf dem Rad jemals. Die ganze harte Arbeit hat sich heute ausgezahlt“, sagte der Jumbo-Visma-Fahrer. „Ich habe zwischenzeitlich an meinem Powermeter gezweifelt, ob die Werte nicht zu hoch sind.“

Gezweifelt hat auch sein Kontrahent Pogacar. Er sei schlichtweg „ratlos“, gestand der Slowene im Ziel. „Ich hätte heute nicht mehr machen können. Vielleicht war es aber auch nur nicht mein bester Tag.“ Gleichzeitig betonte er, dass es noch nicht vorbei sei. „Aber ich brauche etwas Zeit, um das zu verdauen.“

Von einer Entscheidung will das Vingegaard-Lager aber partout nichts wissen. „Tadej Pogacar ist wie die Deutschen – den hast du erst besiegt, wenn er im Bus nach Hause sitzt. Wenn er von Paris aus im Bus nach Slowenien fährt, dann sind wir sicher“, sagte Teamchef Richard Plugge mit einem interessanten Vergleich zu den deutschen Fußballern.

Für Diskussionen beim Bergzeitfahren hatte der Radwechsel von Pogacar vor dem finalen Anstieg gesorgt. Der UAE-Team-Emirates-Mann bereute die Entscheidung nicht. „Der Radwechsel war für mich eine gute Wahl, weil ich einfach besser auf dem Rennrad sitze und mich da besser fühle. Es hat nur ein paar Sekunden ausgemacht und am Ende sicher nicht den ganz großen Unterschied.“ Womit Pogacar einen Punkt hat, denn auch ohne Wechsel hätte er reichlich Zeit auf Vingegaard verloren. Er habe im Finale einfach nicht „All-out“ gehen können.

Die wohl letzte Chance auf einen Angriff aufs Gelbe Trikot hat der zweimalige Toursieger an diesem Mittwoch. Die Königsetappe der diesjährigen Tour führt über den 2304 Meter hohen Col de la Loze, das Dach der Rundfahrt, und bietet einige Möglichkeiten für neue Pogacar-Attacken.

Ex-Gerolsteiner-Chef: Pogacar ist der neue „Kannibale“

Rad-Superstar Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) ist neben Rivale Jonas Vingegaard (Jumbo-Visma) der große Favorit auf den Sieg bei der Tour de France. Der Slowene erinnert den früheren Gerolsteiner-Chef an den erfolgreichsten Radrennfahrer der Geschichte.

Der ehemalige Teamchef von Gerolsteiner, Hans-Michael Holczer, attestiert Pogacar „Kannibalen“-Kaliber. „Er fährt wie Eddy Merckx früher“, sagte der 69-Jährige der „Sport Bild“. Merckx erarbeitete sich wegen seiner aggressiven Fahrweise und dem unbändigem Siegeswillen den Spitznamen „Kannibale“. Der Belgier gewann unter anderem fünf Mal die Tour de France (1969 bis 72 und 1974). Die meisten Experten sehen ihn als besten Fahrer aller Zeiten.

Von der Anzahl der Merckx-Erfolge ist Pogacar noch eine gute Ecke entfernt. Immerhin schon zweimal gewann der 24-Jährige die Frankreich-Rundfahrt. In diesem Jahr liegt er noch hauchdünn hinter Titelverteidiger Jonas Vingegaard. Nur 17 Sekunden trennen die beiden Tour-Favoriten. Auf der 9. Etappe nach Puy de Dome hatte Pogacar mit einer weiteren Attacke den Rückstand um einige Sekunden weggeknabbert. In den kommenden Bergetappen wird wohl die Vorentscheidung fallen.

Das Duell Pogacar gegen Vingegaard ist auch eines zweier komplett unterschiedlicher Charaktere. Hier der muntere, extrovertierte und als locker geltende Pogacar, dort der eher wortkarge und schüchterne Vingegaard. Auf dem Rad holt Pogacar eher das Brecheisen heraus, Vingeegard behält den kühlen Kopf.  „Er fährt wie Miguel Indurain früher“, sagt Holczer über den Dänen. „Er wartet ab, setzt auf Kontrolle, taktiert, hängt sich dran, ist immer da, ergreift aber selten selbst die Initiative.“

Auf die Arroganz-Vorwürfe von Andy Schleck reagierte Vingegaard zuletzt aber vehement. Während Tadej immer Spaß habe, Witze mache und einfach viel spreche, ist „Jonas total scheu, spricht kaum und strahlt eine gewisse Arroganz aus“, sagte Schleck. Die Fahrweise von Vingegaards Jumbo-Visman-Team erinnere ihn „an eine deutsche Panzerarmee“.

Der Vorwurf der Arroganz ließ Vingegaard nicht kalt – der Däne keilte zurück. „Was Schleck sagt, kümmert mich nicht“, erklärte der Tour-Sieger von 2022: „Arrogant? Ich bin vielleicht ruhig, aber nicht unnahbar.“

Ein Etappensieg fehlt: Wann knackt Cavendish die Bestmarke?

Ein Etappensieg fehlt Sprinter-König Mark Cavendish bei der Tour de France noch, um Legende Eddy Merckx endgültig zu übertreffen. Die ersten zwei Chancen auf seinen 35. Tagessieg hat der 38 Jahre alte Brite bei seiner 14. und letzten Teilnahme verpasst. Bis Paris bieten sich aber auf einigen Flachetappen noch Möglichkeiten. Beim Astana-Team, Teamchef Alexander Winokurow, einst umstrittener Mann im Peloton, mahnt zur Ruhe.

Mit Platz sechs in Bayonne und Rang fünf in Nogaro hat Cavendish gezeigt, dass er konkurrenzfähig ist. Vor allem wurde der Ex-Weltmeister auf dem letzten Kilometer der dritten Etappe mit der Top-Geschwindigkeit von 73,3 km/h gemessen. So schnell war keiner. „Das gibt mir Zuversicht für die nächsten Tage“, sagte Cavendish, zumal er auch nach schweren Bergetappen gut regenerieren kann. So musste er sich beim Giro d’Italia bis zum letzten Tag gedulden, ehe er in Rom doch noch zur Stelle war und seinen 162. Karriere-Sieg feierte.

Beim Astana-Team ist alles auf King Cav ausgerichtet. Und sein Teamchef Alexander Winokurow mahnt zur Gelassenheit: „Ich will ihn nicht mehr unter Stress setzen, als er eh schon ist. Er fühlt sich im Team wohl, und sein Etappensieg beim Giro hat gezeigt, dass seine Motivation hoch ist. Er sollte gelassen bleiben. Es gibt noch einige Möglichkeiten“, sagte der Kasache der spanischen Sportzeitung „Marca“.

In Mark Renshaw hat Cavendish einen alten Bekannten als Berater ins Team geholt. Neun Jahre lang agierte der Australier als Anfahrer für den Supersprinter und feierte zahlreiche Erfolge mit ihm. „Das hilft sehr viel. Nicht nur im Finale, sondern auch auf den letzten 25 Kilometern. Was er sagt, ist auch wichtig für die Jungs“, betonte Cavendish.

Im günstigsten Fall könnte es noch zu fünf Massensprints kommen, die nächste Gelegenheit bietet sich am Freitag in Bordeaux auf der siebten Etappe. Auch in Moulins (11. Etappe), Bourg-en-Bresse (18.), Poligny (19.) und vor allem Paris (21.) sind Sprintankünfte möglich.

Das sind die Favoriten bei der Tour de France

Jonas Vingegaard und Tadej Pogacar sind bereit für eine große Show. Doch bei der Tour de France 2023 kann ein schlechter Tag, eine Unaufmerksamkeit das Aus bedeuten. Der Favoritenkreis beim Radsport-Klassiker in Frankreich ist deshalb größer.

Wenn am Samstag die Tour de France in Bilbao in ihre 110. Auflage startet, sind die Rollen klar verteilt. Auf dem Papier zumindest. Denn dass der Gesamtsieg entweder an Titelverteidiger Jonas Vingegaard oder seinen Rivalen Tadej Pogacar geht, ist bei der unvorhersehbaren Tour eben erst am Ende in Paris klar.

Das Favoriten-Feld geht deshalb über das Überflieger-Duo hinaus.

Das einzige direkte Duell mit Pogacar ging in diesem Jahr verloren. Bei Paris-Nizza wurde der Däne gar nur Dritter. Aber Vingegaard gewann alle anderen Rennen, an denen er teilnahm.

Seine ganze Saison ist im Gegensatz zu Pogacar auf die Tour ausgerichtet, zudem muss er sich die Kapitänsrolle nicht mehr mit Primoz Roglic teilen. Vingegaard geht deshalb als Top-Favorit ins Rennen.

Der Neo-Kannibale will Revanche. Alles-Gewinner Pogacar will beweisen, dass die Niederlage im Vorjahr nur ein Ausrutscher war. Auf dem Weg zur Tour glänzte der Slowene in der Klassikersaison, brach sich in den Ardennen aber das Kahnbein.

Sein Comeback gab er nach zwei Monaten Pause am vergangenen Wochenende bei den nationalen Meisterschaften und siegte da in Zeitfahren und Straßenrennen. Wie gut er wirklich ist, ist aktuell unklar und eine Chance für die Konkurrenz.

Das australische Duo spiegelt die starke Entwicklung auf dem fernen Kontinent wider. Hindley gewann im Vorjahr den Giro, will es der Welt nun auch bei der Tour zeigen.

Für sein Bora-Team wäre ein Podiumsplatz schon grandios. O’Connor war bereits Vierter und zeigte sich bei der Dauphiné Mitte Juni bereits in toller Form.

Nach Mäders Tod: Drei Teams verlassen Tour de Suisse

Die Tour de Suisse ist trotz des Todes des Schweizer Radprofis Gino Mäder am Samstag fortgesetzt worden – allerdings ohne drei komplette Teams und 17 Fahrer aus weiteren Mannschaften. Nur noch 113 Pedaleure machten sich am Samstagmittag nach einer Schweigeminute auf das vorletzte Teilstück zwischen Tübach und Weinfelden über 183,5 km.

Die Organisatoren nahmen kurzfristig Änderungen vor, um die Sicherheit der emotional schwer getroffenen Fahrer zu erhöhen. Zwar blieben Etappenlänge und -profil mit vier Bergwertungen unangetastet, doch die Zeit für die Gesamtwertung wird bereits 25 Kilometer vor dem Ziel genommen. Auch gab es am Samstag keine Bonussekunden bei den Zwischensprints und im Ziel.

Mäder war auf der fünften Etappe am Donnerstag bei einer Abfahrt in eine Schlucht gestürzt und später im Krankenhaus gestorben. Die sechste Etappe am Freitag war zu einer „Gedenkfahrt“ für Mäder über 20 km umfunktioniert worden.

„Nach einem emotionalen Tag und einer sehr berührenden Fahrt in Gedenken an Gino Mäder ist mit der Familie von Gino Mäder entschieden worden, dass die Tour de Suisse fortgesetzt wird“, verkündete Renndirektor Olivier Senn am Freitagabend. Er sagte: „Heute war der schlimmste Tag meines Lebens, aber morgen ist ein neuer Tag, und darum müssen wir uns als Organisation kümmern.“

Mäders Mannschaft Bahrain Victorious ging nicht mehr an den Start. „Unser gesamtes Team ist durch den tragischen Unfall am Boden zerstört“, teilte die Profi-Mannschaft mit. Am Samstagmorgen zogen auch das Schweizer Team Tudor und die Equipe Intermarche nach sowie einzelne Fahrer anderer Teams, darunter die drei Schweizer Marc Hirschi, Stefan Küng und Michael Schär.

„Wir respektieren die Entscheidung jedes Teams. Die Rückzüge entsprechen dem, was wir erwartet hatten“, teilte die Rennleitung der französischen Nachrichtenagentur AFP mit.

Die 86. Tour de Suisse endet am Sonntag nach einem Einzelzeitfahren in Abtwil.

 

Skjelmose erobert Gelbes Trikot bei Tour de Suisse

Der dänische Radprofi Mattias Skjelmose hat die dritte Etappe der Tour de Suisse gewonnen und damit das Gelbe Trikot übernommen.

Der 22-Jährige vom Team Trek-Segafredo erreichte die Bergankunft nach 2700 bewältigten Höhenmetern über zwei Berge der ersten Kategorie auf dem kürzesten Teilstück der gesamten Rundfahrt von Tafers nach Villars-sur-Ollon (143,8 km) knapp vor dem Österreicher Felix Gall (AG2R Citroen).

Weltmeister Remco Evenepoel (Soudal Quick-Step), der bei der Schweiz-Rundfahrt nach seinem Giro-Aus im Vormonat wegen einer Corona-Infektionen wieder Wettkampfhärte sammeln und seinen Titel bei der Straßen-WM im August im schottischen Glasgow verteidigen will, gestaltete das Rennen von vorne, musste kurz vor dem Ziel aber abreißen lassen und rollte als Vierter über den Strich (+0:21 Minuten). Der Belgier übernahm damit aber Rang zwei im Gesamtklassement, der Rückstand auf Skjelmose beträgt 17 Sekunden.

Der Schweizer Lokalmatador Stefan Küng (Groupama-FDJ), der nach den ersten beiden Etappen die Gesamtführung inne hatte, konnte nicht mithalten und hatte am Ende über drei Minuten Rückstand. Bester Deutscher wurde Maximilian Schachmann (Bora hansgrohe) auf Rang 24 (+1:50).

Bereits am Mittwoch steht die nächste Bergankunft an. Die vierte Etappe führt das Fahrerfeld über 152,5 Kilometer von Monthey nach Leukerbad. Die ersten 80 Kilometer verlaufen flach, im zweiten Teil gilt es zwei Berge der ersten Kategorie zu erklimmen.

Ende der Sieglosigkeit: Alaphilippe gewinnt Etappe

Der frühere Straßenrad-Weltmeister Julian Alaphilippe hat seine Durststrecke beendet und seinen ersten Sieg in der World Tour seit über einem Jahr gefeiert.

Der Franzose gewann die zweite Etappe des Critérium du Dauphiné vor Olympiasieger Richard Carapaz aus Ecuador und Natnael Tesfatsion aus Eritrea.

Das deutsche Top-Talent Marco Brenner zeigte im Finish der 167,3 Kilometer langen Etappe nach La Chaise-Dieu erneut eine gute Leistung und wurde Neunter. In der Gesamtwertung liegt Auftaktsieger Christophe Laporte noch vorn, ist allerdings zeitgleich mit seinem Landsmann Alaphilippe.

Der immer wieder durch schwere Stürze zurückgeworfene Alaphilippe hatte bei der Baskenland-Rundfahrt im April 2022 zuletzt in der Eliteliga World Tour gesiegt. In diesem Frühjahr war der 30-Jährige von seinem Teamchef Patrick Lefevere öffentlich für den Mangel an Erfolgen kritisiert worden. Sein Star hatte lediglich die unbedeutende Faun-Ardèche Classic im Februar gewonnen.

Am Dienstag sollten die reinen Sprinter beste Chancen haben. Die 194 Kilometer lange Etappe von Monistrol-sur-Loire nach Le Coteau bietet auf der zweiten Hälfte mit der Cote de Pinay nur ein größeres Hinderniss. Das Etappenrennen, bei dem Tour-Titelverteidiger Jonas Vingegaard aus Dänemark dabei ist, endet am Sonntag in Grenoble.

Kämna-Experiment beschäftigt Bora-hansgrohe

Das Experiment des deutschen Hoffnungsträgers Lennard Kämna beim Giro d’Italia ist geglückt. Trotzdem bleiben Fragen offen.

Als die letzten Kilometer im Schatten des Kolosseums absolviert waren, stieg Lennard Kämna in Rom mit einem zufriedenen Lächeln vom Rad. „Es war das erste Mal, dass ich als Leader in eine große Landesrundfahrt gestartet bin“, sagte der deutsche Radprofi nach dem feierlichen Finale des 106. Giro d’Italia: „Ich muss sagen, dass wir mit dem neunten Platz in der Gesamtwertung ziemlich glücklich sein können.“

Vom Etappenjäger zum Klassementfahrer – das Experiment, das Kämna und sein deutsches Team Bora-hansgrohe bei der dreiwöchigen Italien-Rundfahrt in Angriff genommen hatten, glückte: Bester Deutscher, Platz neun nach 21 Etappen, 7:46 Minuten Rückstand auf Gesamtsieger Primoz Roglic.

Eine Wiederholung, das deutete Kämna schon nach dem Bergzeitfahren der 20. Etappe am Samstag an, könne er sich vorstellen. Ob Kämna aber wirklich weiter auf die Gesamtwertung fahren kann, ist offen. Erst nach einer umfangreichen Analyse soll über seinen weiteren Karriereweg entschieden werden.

„Macht es Sinn oder nicht? Man muss das in Ruhe besprechen“, sagte Teamchef Ralph Denk dem „SID“: „Dann muss man eine rationale Entscheidung treffen, was für ihn und für das Team wichtiger ist.“

Kämna habe „wirklich alles gegeben“. Auch habe der 26-Jährige die alleinige Führungsrolle nach dem Ausfall des russischen Leaders Alexander Wlassow gut angenommen. Rein sportlich jedoch war Luft nach oben. Ob beim Klettern in den Bergen oder im Zeitfahren: Zur Spitze habe „in allen Bereichen ein bisschen gefehlt“, sagte Denk.

Welchen Spielraum gibt es noch beim Gewicht? Was kann im Training noch verändert werden? Die Antworten auf Fragen wie diese entscheiden über Kämnas künftige Rolle. Eine Comeback als Etappenjäger ist nicht ausgeschlossen.

Etappensiege sind für Roglic nur ein Beiwerk. Der Slowene vom Team Jumbo-Visma zeigte eindrucksvoll, dass er zu den besten Rundfahrern der Welt gehört. Nach drei Siegen bei der Vuelta in Spanien krönte sich der 33-Jährige erstmals zum Giro-Champion – und besiegte dabei auch sein Tour-de-France-Trauma. „Es ist unglaublich“, sagte Roglic, „ich werde den Tag für den Rest meines Lebens nicht vergessen.“