Einbrecher drohten Rad-Star mit Ermordung

Ende 2021 wurden Radsport-Star Mark Cavendish und seine Familie Opfer eines brutalen Raubüberfalls. Drei der Verdächtigen wurden gefasst und müssen sich nun vor Gericht verantworten, wo in dieser Woche einige der schockierenden Details des Überfalls preisgegeben wurden.

Die Gruppe der Einbrecher wäre wohl ungeschoren davongekommen, hätte sie nicht einen folgenschweren Fehler begangen. Zu den geklauten Gegenständen gehörte auch das Telefon von Cavendishs Frau Peta. Dieses ließ einer der Verdächtigen jedoch am Tatort zurück. Die Polizei stellte das Gerät sicher, fand Fingerabdrücke und kam den Kriminellen so auf die Schliche.

Insgesamt soll es sich um „vier oder fünf“ Einbrecher gehandelt haben, gaben Mark Cavendish und seine Frau später zu Protokoll. Drei von ihnen wurden bisher gefasst. Gegen sie wurde nun das Verfahren vor dem Chelmsford Crown Court eröffnet.

Im Rahmen der ersten Anhörung schilderte Staatsanwalt Edward Renvoize, was sich in den dramatischen Stunden in dem Haus in South Essex zugetragen hat. Demnach lag das Paar im Bett, als Peta Cavendish Geräusche im Erdgeschoss hörte. Zunächst vermutete sie, ihr ältester Sohn sei wach geworden und hätte etwas umgestoßen, doch als sie die Treppe runterging, stürmte ihr plötzlich ein Mann mit Sturmhaube entgegen.

„Sie rannte dann die Treppe hoch und rief ihrem Mann zu, er soll wieder ins Schlafzimmer gehen. Mr. Cavendish hat versucht, den Panik-Knopf zu finden. Doch als er ihn hatte, saßen zwei der Angreifer schon auf ihm und haben auf ihn eingeprügelt und ihn aufgefordert, den Alarm wieder auszuschalten“, schilderte Staatsanwalt Edward Renvoize die ersten Augenblicke des Überfalls.

„Das war kein gewöhnlicher Überfall“

Anschließend hielt einer der Einbrecher dem Radsport-Star ein Messer an den Hals und drohte, ihn vor seiner Familie zu erstechen. Die Angreifer forderten von Cavendish, dass er seine Luxus-Uhr rausrückt und zudem den Safe öffnet. Danach sei Mark Cavendish „Opfer von weiterer Gewalt“ geworden, sagte Renvoize.

Am Ende flohen die Einbrecher mit zwei Luxus-Uhren der Marke Richard Mille, einem leeren Safe, drei Telefonen und einer Louis-Vitton-Tasche.

„Das war kein gewöhnlicher Überfall von Gelegenheits-Dieben. Das war eine gut geplante und gut ausgeführte Invasion eines Hauses einer berühmten Person mit der Absicht, hochwertige Gegenstände zu stehlen“, stellte der Staatsanwalt fest.

Rad-Weltverband modifiziert Punktesystem

Der Radsport-Weltverband UCI hat das als sportliches Kriterium für den Auf- und Abstieg aus der WorldTour maßgebliche Punktesystem angepasst und bedeutende Rennen aufgewertet.

Wie die UCI mitteilte, werden Gesamt- und Etappensiege bei der Tour de France, dem Giro d’Italia und der Vuelta a España künftig höher bewertet. Zudem wurden die Punkte bei den fünf Monumenten des Radsports (Mailand-Sanremo, Flandern-Rundfahrt, Paris-Roubaix, Lüttich-Bastogne-Lüttich, Lombardei-Rundfahrt) deutlich erhöht. Damit reagierte der Verband auf Kritik von Fahrern und Teams. Bisher war es möglich, bei einem zweit- oder drittklassigen Rennen mehr Punkte zu erzielen als bei einem Tour-Etappensieg.

Für einen Tageserfolg in Frankreich erhält man nun 210 statt 120 Punkte, für einen Sieg bei einem Monument 800 statt 500 Zähler. Bisher flossen nur die von den zehn besten Fahrern einer Mannschaft erkämpften Punkte in die Wertung ein. Künftig werden es 20 Profis sein. Die Punkte für einen Olympiasieg oder einen WM-Erfolg wurden ebenfalls erhöht.

Die Lizenzen für die WorldTour werden alle drei Jahre neu vergeben. Als Mitglied der Eliteklasse ist ein Team automatisch bei den wichtigsten Rennen dabei. Am Ende der vergangenen Saison endete ein Zyklus und das belgische Team Lotto-Soudal musste ebenso den Abstieg in die ProContinental-Division hinnehmen wie die Mannschaft Israel-Premier Tech mit dem viermaligen Tour-Sieger Chris Froome. Durch eine Sonderregelung wird Israel-Premier Tech dennoch automatische Einladungen zu allen Rennen außer den drei großen Landesrundfahrten erhalten.

Olympiasiegerin Brennauer wird Radsport-Chefin

Die mehrfache Weltmeisterin und Olympiasiegerin Lisa Brennauer wird Sportliche Leiterin des neuen Frauen-Radrennens in Stuttgart. Das teilten die Veranstalter des Eintagesrennens, das am 16. Juli 2023 seine Premiere feiern wird, mit.

„Es ist unglaublich spannend, jetzt auf die andere Seite zu wechseln und den Radsport aus anderer Perspektive kennenzulernen“, sagte die 34-jährige Brennauer, die ihre aktive Karriere im Sommer beendet hat. „Ich freue mich, meine Erfahrung beim Women’s Cycling Grand Prix einzubringen und so den Frauenradsport zu fördern, denn das neue Rennen kann ein wichtiger Schritt für die Zukunft unseres Sports sein.“

120 Fahrerinnen werden laut Veranstalter zum einzigen deutschen Eintagesrennen im Profi-Kalender des Weltverbands UCI erwartet. Vom Start in der Region Stuttgart geht es über 125 Kilometer durch die Landkreise Ludwigsburg und Böblingen, das Ziel ist die baden-württembergische Landeshauptstadt.

Neben dem neuen Grand Prix in Stuttgart gibt es in Deutschland laut UCI-Kalender für Profis nur noch die Thüringen-Rundfahrt (23. bis 28. Mai 2023). Der Frauen-Radsport hat in den vergangenen Jahren einen Aufschwung verzeichnet. In diesem Jahr kam es zu einer viel beachteten Neuauflage der Tour de France Femmes.

Kämna mit Lust auf den nächsten Karriereschritt

Urlaub in Irland, ein Abstecher mit dem Team nach San Francisco, dazu auf Heimatbesuch in Fischerhude und ein paar Tage in Österreich – Lennard Kämna wirkt entspannt und scheint bereit zu sein. Bereit für den nächsten Karriereschritt.

Der hochtalentierte Radprofi will im nächsten Jahr beim Giro d’Italia erstmals die Gesamtwertung bei einer großen Rundfahrt in Angriff nehmen.

Als Etappenjäger hat sich Kämna mit Tagessiegen bei der Tour de France und dem Giro in den vergangenen Jahren einen Namen gemacht. Im Sommer fehlten ihm auf einer Alpenetappe bei der Tour nur elf Sekunden zum Gelben Trikot. Großes Potenzial wurde ihm schon immer bescheinigt. Nach seinem Junioren-Weltmeistertitel im Einzelzeitfahren 2014 wurden bereits Vergleiche zu Jan Ullrich gezogen. Heute weiß es der 26-Jährige besser, nachdem er persönlich Höhen und Tiefen durchlebt hat. Dazu gehörten auch zwei mentale Auszeiten über einen längeren Zeitraum, als er die Lust an seinem Sport verloren hatte. Die Freude am Radsport ist längst wieder da. Und weil die Verantwortlichen beim Bora-hansgrohe-Team um seine Fähigkeiten wissen, genießt er alle Freiheiten. Helferdienste für den Russen Alexander Wlassow, der am 6. Mai in den Abruzzen als Kapitän beim Giro an den Start gehen soll, sind für den Ausnahmekönner nicht vorgesehen.

„Lenny hat Zeitfahr-Qualitäten. Wir haben viele Zeitfahren im Giro, die Berge liegen ihm auch. Bei Lenny ist es weiter ein Entwicklungsprozess, dass man sagt: Lass es uns mal versuchen, wie weit wir kommen“, spricht Sportchef Rolf Aldag von einem spannenden Projekt und betont zugleich: „Wir sagen aber auch nicht, dass wir jedes Loch für Lenny zufahren müssen, um ihn da unter Stress zu setzen.“

Was ist bei diesem talentierten Mann aus Wedel also möglich? Kann er es womöglich einmal mit den Großen der Branche wie Tour-Sieger Jonas Vingegaard (Dänemark) oder dem zweimaligen Champion Tadej Pogacar (Slowenien) aufnehmen? Dafür müsste sich Kämna umstellen. Weniger Attacke, dafür jederzeit aufmerksam sein, keine Schwächen zeigen. „Ich glaube, dass ich gut dafür gemacht bin, drei Wochen zu fahren. Und, dass ich mich auch gut erholen kann.“

Beim Giro wird er es erstmal mit Wunderkind und Weltmeister Remco Evenepoel (Belgien) zu tun bekommen. „Remco geht mit riesigem Rückenwind in den Winter und wird beim Giro topfit sein. Ob man den dann schlagen kann, ist vielleicht ein bisschen schwierig zu sagen.“ Ein Versuch ist es aber allemal wert.

Unter Tränen: Friedrich bricht Champions League ab

Keirin-Welt- und Europameisterin Lea Sophie Friedrich aus Cottbus hat die Saison in der UCI Track Champions League abgebrochen.

„Ich habe eine starke Erkältung und seit einigen Tagen versucht, mich aufzupäppeln und neue Energie zu finden – das hat aber nicht geklappt“, sagte die Vorjahres-Gesamtzweite unter Tränen nach der zweiten Runde der Serie im Berliner Velodrom. Zum Auftakt der Wettbewerbe war Friedrich in ihrem Keirin-Vorlauf auf den letzten Platz gefahren.

Vor Friedrich hatte Titelverteidigerin Emma Hinze aus Cottbus nach dem Gewinn ihres sechsten Weltmeister-Titels im Oktober in Frankreich komplett auf die Serie verzichtet. Die 25-Jährige legt bis zu den Europameisterschaften im Februar in Grenchen in der Schweiz eine Rennpause ein. Die viermalige Teamsprint-Weltmeisterin Pauline Grabosch aus Cottbus konnte vor 3400 Zuschauern nicht in die Entscheidungen eingreifen und schied jeweils in der ersten Runde aus.

Für das sportlich wertvollste Ergebnis aus deutscher Sicht sorgte Stefan Bötticher aus Chemnitz. Der deutsche Meister belegte im Keirin hinter den beiden Top-Fahrern Harrie Lavreysen aus den Niederlanden und Matthew Richardson aus Australien den dritten Platz und belegte damit auch in der Gesamtwertung weiter Rang drei. Im Ausdauerbereich Männer liegt der Berliner Moritz Malcharek weiter auf Platz sechs. Im Ausdauerbereich der Frauen fiel Debütantin Lea Lin Teutenberg aus Köln auf Platz 12 zurück. Die mit 500.000 Euro dotierte Serie endet am 3. Dezember nach fünf Renntagen in London.

Weltmeisterin Friedrich nach Champions-League-Auftakt Vierte

Keirin-Welt- und Europameisterin Lea Sophie Friedrich ist mit einem dritten Platz in ihrer Spezialdisziplin als bestes Ergebnis in die neue Saison der UCI Track Champions League gestartet.

Die Cottbuserin liegt nach der ersten von fünf Runden in Palma de Mallorca nach Platz neun im Sprint in der Gesamtwertung mit 22 Punkten auf Rang vier.

Teamsprint-Weltmeisterin Pauline Grabosch aus Cottbus belegt Platz acht (14 Punkte). In Führung liegt Keirin-Weltmeisterin Shanne Braspennincx aus den Niederlanden (26).

Guter Auftakt von Stefan Bötticher

Im Kurzzeitbereich der Männer legte Stefan Bötticher aus Chemnitz ebenfalls einen guten Auftakt hin. Der Vorjahres-Gesamtzweite belegte Platz zwei im Keirin und Rang vier im Sprint und liegt in der Gesamtwertung mit 30 Punkten hinter Doppel-Olympiasieger Harrie Lavreysen aus den Niederlanden (37) und dem Australier Matthew Richardson (35) auf Platz drei.

Die Champions-League-Debütanten Lea Lin Teutenberg (Köln) und Moritz Malcharek liegen nach dem ersten Renntag auf den Plätzen neun und sechs. Die zweite Runde der UCI Track Champions League wird am 19. November im Berliner Velodrom ausgefahren. Die mit 500 000 Euro dotierte Serie endet am 3. Dezember in London.

Tour-Disqualifikation von Quintana bleibt bestehen

Die Disqualifikation des kolumbianischen Radprofis Nairo Quintana bei der diesjährigen Tour de France bleibt bestehen.

Der Internationale Sportgerichtshof Cas wies den Einspruch des Kletterspezialisten zurück. Damit verliert Quintana seinen sechsten Gesamtrang.

In zwei getrockneten Blutproben des 32-Jährigen vom 8. und 13. Juli wurde das Opiat Tramadol nachgewiesen. Hierbei handelt es sich laut UCI nicht um ein Dopingvergehen, aber um einen Verstoß gegen die medizinischen Regeln des Verbandes.

Tramadol ist seit dem 1. März aufgrund seiner Nebenwirkungen von der UCI verboten, steht jedoch nicht auf der Verbotsliste der Welt-Anti-Dopingagentur Wada. Im Rahmen eines Programms zum Nachweis von Tramadol wurden während der Tour 120 sogenannte getrocknete Blutproben genommen.

Quintana hat inzwischen auch seinen Abschied vom französischen Team Arkea-Samsic bekannt gegeben. Ob und wo der zweimalige Tour-Zweite weiterfährt, ist noch nicht bekannt. Eine Sperre hat das Vergehen nicht nach sich gezogen.

Bahnrad-Weltmeisterin Lea Sophie Friedrich ist zur „Sportlerin des Monats“ Oktober gewählt worden.

Die 22-Jährige gewann die Wahl der Athletinnen und Athleten der Deutschen Sporthilfe vor Box-Europameisterin Stefanie von Berge und Christian Reitz, Doppelweltmeister im Sportschießen.

Friedrich hatte sich bei der WM in Frankreich nach der Goldmedaille im Teamsprint mit Emma Hinze und Pauline Grabosch auch im Keirin den Titel geholt. Es waren ihre WM-Titel Nummer sechs und sieben. Dazu gewann sie die Silbermedaille im Sprint.

 

DBS-Team holt sechs Medaillen

Die Radsportler des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS) haben bei der Bahnrad-WM zweimal Silber und viermal Bronze geholt. Erfolgreichster deutscher Para-Athlet bei den Rennen im französischen Saint-Quentin en Yvelines war Pierre Senska: Der 34-Jährige gewann bei seinem Comeback nach Verletzungspause drei Bronzemedaillen.

Silber ging an Neuling Fabian Döring sowie an Thomas Ulbricht auf dem Tandem mit Pilot Robert Förstemann. Das Duo sicherte sich zudem Bronze.

Senska war nach seinen dritten Plätzen im Scratch-Rennen, in der paralympischen Verfolgung und in der Gesamtwertung der Startklasse C1, „einfach mega glücklich, dass dieses Jahr noch so für mich endet. Dieses Abschneiden kam sehr überraschend für mich“, sagte er. Bei der Straßen-WM war Senska wegen Knieproblemen ausgefallen.

Überzeugen konnte auch der sehbehinderte Ulbricht mit Olympia-Medaillengewinner Förstemann. „Zwei Medaillen sind ein Traum-Ergebnis. Wir sind sehr stolz. Jetzt haben wir erst recht Lust auf mehr und mit Blick in die Zukunft definitiv noch Luft nach oben“, sagte Förstemann.

Der kommissarische Bundestrainer Renee Schmidt war zufrieden: „Wir haben mit den jungen Wilden und den alten Hasen alles erreicht, was wir uns vorgenommen hatten – und sogar noch ein bisschen mehr. Ich bin rundum zufrieden.“

Doping-Jäger plädiert für Armstrong-Vergebung

Am 22. Oktober 2012 wurde Lance Armstrong lebenslang gesperrt und verlor all seine Tour-de-France-Titel. Zehn Jahre später empfiehlt USADA-Boss Travis Tygart, dem Amerikaner zu vergeben.

Vor wenigen Wochen saß Lance Armstrong auf einer mallorquinischen Terrasse und zeichnete einen Podcast auf. Mit dabei ein Haufen ungewöhnlicher Gäste: Sein einstiger Rivale Jan Ullrich gehörte dazu, ebenso wie der noch aktive Topsprinter Mark Cavendish. Armstrong scheint wieder einen Platz zu haben im Radsport-Zirkel – eine Entwicklung mit der vor zehn Jahren nicht zu rechnen war.

Damals, am 22. Oktober 2012, hatte der Texaner endgültig vor den Trümmern seiner Karriere gestanden: überführt, geächtet, lebenslang gesperrt. Sieben Tour-Siege wurden dem größten Dopingsünder der Radsport-Geschichte aberkannt, Olympisches Bronze ebenso – noch nicht einmal den Sieg bei der Rheinland-Pfalz-Rundfahrt durfte Armstrong behalten.

„Das war ein sehr wichtiges Ereignis für den globalen Sport“, erinnert sich Travis Tygart, damals wie heute Chef der US-Anti-Doping-Agentur USADA, im Interview mit dem „SID“ anlässlich des zehnten Jahrestages. „Wir haben damit gezeigt, was bei fehlender Kontrolle passiert und warum es entscheidend ist, für Gerechtigkeit im Sport zu kämpfen.“

Im Sommer 2012 hatte die USADA zunächst ihren Report zum Fall Armstrong veröffentlicht. Darin ist die Rede vom „höchstentwickelten und erfolgreichsten Dopingprogramm, das die Sportwelt jemals gesehen hat“. Der Weltverband UCI, der unrühmlich lange an Armstrongs Seite gestanden hatte, bestätigte unter dem öffentlichem Druck schließlich die lebenslange Sperre.

Einige Zeit später packte der Beschuldigte dann auch selbst aus: Bei TV-Moderatorin Oprah Winfrey gestand Armstrong seine Verfehlungen – zumindest teilweise.

„Die ganze Wahrheit wird wohl nie ans Licht kommen. Aber das Wichtigste war, dass er seine Vergehen eingestanden hat“, sagt Tygart. Der 51-Jährige weiß, wovon er spricht: Mit seinen Ermittlungen war er an der Aufdeckung des flächendeckenden Dopingsystems im Radsport der 1990er und 2000er Jahre maßgeblich beteiligt.

Und Armstrong kehrt derweil in die Radsport-Öffentlichkeit zurück – auch in Deutschland. In einer „ARD“-Dokumentation schilderte der 51-Jährige kürzlich, wie er dem gefallenen Ullrich in dessen schwersten Stunden zur Seite gestanden hatte. Die beiden verbindet seitdem eine Männerfreundschaft – inklusive gemeinsamen Rad-Ausfahrten und Podcast-Aufnahmen auf Mallorca.

Zehn Jahre nach dem endgültigen Einsturz von Armstrongs Doping-Imperium scheinen sich sowohl der Radsport als auch sein berühmtester Betrüger wieder gefangen zu haben. „Ich wünsche Lance seit seinem Geständnis nur das Beste“, sagt Tygart. Er wirkt, als würde er es ernst meinen.

Rad-Altstar Valverde sagt Adios

Ausgerechnet Italien! Dass Altmeister Alejandro Valverde seine Radsport-Karriere am Samstag nach 21 Profijahren bei der Lombardei-Rundfahrt ausklingen lässt, entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie. Schließlich waren es doch die italienischen Dopingfahnder, die Valverde zwei Jahren seiner mit großen Erfolgen geschmückten Laufbahn kosteten.

2008 hatten die emsigen Ermittler einen Abstecher der Tour de France nach Prato Nevoso genutzt, um Valverde Blut abzunehmen. Und siehe da: Der DNA-Abgleich passte zu den Blutbeuteln aus dem Labor des Dopingarztes Eufemiano Fuentes mit der Aufschrift „Piti Valv“. Piti soll der Name des deutschen Schäferhundes des Spaniers gewesen sein, was Valverde abstritt, genauso wie einen direkten Kontakt zu Fuentes. Doch alle Einsprüche und Dementis nutzten auch vor dem Internationalen Sportgerichtshof Cas nichts.

Valverde ist seitdem allen Dopingfragen entflohen, wie oftmals den Konkurrenten auf dem Rennrad. Nach seiner Sperre 2011 machte der Mann aus Murcia einfach da weiter, wo er vorher unfreiwillig aufgehört hatte. Insgesamt brachte es Valverde auf 133 Profisiege, mehr als jeder andere Spanier. Sei es der große Miguel Indurain, Pedro Delgado oder Alberto Contador. Entsprechend wurde der 42-Jährige jüngst bei der Vuelta fast jeden Tag euphorisch am Straßenrand gefeiert, was „sehr emotional“ gewesen sei.

Denn Valverde hatte die spanischen Radsport-Fans zwei Jahrzehnte lang mit Siegen verwöhnt. Er gewann Frühjahrsklassiker wie Lüttich-Bastogne-Lüttich (viermal) oder den Flèche Wallonne mit dem steilen Finale an der Mur von Huy (fünfmal). Er triumphierte bei großen Rundfahrten wie der Vuelta (2009) oder bei kleineren wie in Katalonien (dreimal). Er holte zahlreiche Etappensiege bei der Tour oder der Vuelta und er wurde zur Krönung 2018 Weltmeister. Im Alter von 38 Jahren bei der WM in Innsbruck, als zweitältester Radprofi nach Joop Zoetemelk, nachdem er zuvor sechsmal auf das Podest gefahren war.

Valverde war ein kompletter Rennfahrer. Und zu diesem kompletten Bild passt auch irgendwie, dass seine Vita dunkle Flecken aufweist. Denn als Valverde 2002 seine Karriere im umstrittenen Kelme-Team begann, hat er sich mit Fahrern wie Lance Armstrong, Jan Ullrich oder Alexander Winokurow gemessen. Zu den dunklen Jahren im Radsport hat Valverde stets geschwiegen, was wohl auch daran lag, dass er in seiner Heimat nicht oft danach gefragt wurde.